SCHOTTLAND – Sterbehilfegesetz auf guten Wegen

07. August 2024

Gastbeitrag von Friends at the End (FATE)*

Im September 2021 startete der Abgeordnete Liam McArthur, stellvertretender Vorsitzender des schottischen Parlaments, eine öffentliche Konsultation (Vernehmlassung) zu seinem Gesetzesvorschlag «Assisted Dying for Terminally Ill Adults (Scotland) Bill» (Gesetz über Sterbehilfe für unheilbar kranke Erwachsene).

Zu dieser Konsultation gingen mehr Antworten ein als je zuvor in einer Konsultation in Schottland, nämlich über 14’000; 78% davon waren zustimmend. Daraufhin begannen McArthur und sein Team, mit Unterstützung von Friends at the End und anderen Partnerorganisationen, mit der Ausarbeitung eines Gesetzes für Schottland.

Schottland hat ein besonderes Rechtssystem, das nicht vollständig vom Vereinigten Königreich getrennt ist, das aber über ein eigenes Parlament und eine eigene Gerichtsstruktur verfügt. Seine Grundprinzipien sind Mitgefühl, Gerechtigkeit, Empathie und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit.

Nach schottischem Recht gelten aktive Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen) und assistierter Suizid derzeit als Tötungsdelikte. Wenn der «Lord Advocate» (Staatsanwalt) beschliesst, Anklage zu erheben, so lautet diese auf Mord oder fahrlässige Tötung.

Dies wird sich wahrscheinlich noch in diesem oder Anfang nächsten Jahres ändern. McArthur erhielt die Stimmen seiner Parlamentskollegen, um den Gesetzesentwurf einzubringen, der sich seither seinen Weg durch das schottische Parlament bahnt.

Der Gesetzesentwurf liegt derzeit bei verschiedenen Ausschüssen. Der Gesundheitsausschuss prüft seine Gültigkeit, unterstützt von den Ausschüssen für delegierte Befugnisse und Finanzen. Liam McArthur hat von Anfang an deutlich gemacht, dass er davon ausgeht, dass die Unterstützung der Kollegen vorhanden ist, um diesen Entwurf durchzubringen.

Als Teil des Prozesses wurde auch eine medizinische Beratergruppe eingesetzt, die McArthur und sein Team in Bezug auf die medizinischen Aspekte des Gesetzesvorschlags beraten und informieren soll. Der in diesem Gesetzesentwurf vorgesehene Weg für einen Patienten ähnelt den australischen oder US-amerikanischen Modellen der Sterbehilfe.

Gemäss dem schottischen Gesetzesentwurf muss ein Erwachsener an einer fortgeschrittenen und fortschreitenden unheilbaren Krankheit leiden, die nach vernünftigem Ermessen zu seinem vorzeitigen Tod führen wird; es gibt keine zeitliche Begrenzung bezüglich der Lebenserwartung, und das Kriterium des «unerträglichen Leidens» muss nicht erfüllt sein. Dieser Entwurf ist massvoll und evidenzbasiert und passt auch kulturell und politisch zu Schottland.

Der schottische Gesetzesentwurf fand grossen Zuspruch, und die Kollegen im Vereinigten Königreich erwägen, ihn als Vorlage für ihre eigenen Bemühungen in Westminster zu verwenden. Das Team von Liam McArthur hat sich auch über die politischen Bestrebungen der Kolleginnen und Kollegen in Jersey, der Isle of Man und Guernsey informiert und steht in engem Kontakt mit ihnen. Wo wird dereinst Sterbehilfe im Vereinigten Königreich als erstes legalisiert werden?

Friends at the End hat bereits in den Jahren 2010 und 2015 die Bemühungen um eine Gesetzesänderung unterstützt. Sowohl in der politischen Landschaft als auch im medizinischen Bereich hat sich in Schottland ein grundlegender Wandel vollzogen, und international ist ein Dominoeffekt zu spüren. Die zunehmende Legalisierung von Sterbehilfe in Übersee und die damit einhergehende Daten- und Evidenzbasis beruhigen die Abgeordneten, die nun mit ihrer Stimme eine gut fundierte Entscheidung treffen können, in der Gewissheit, dass Sterbehilfe eine mitfühlende, gerechte und würdevolle Möglichkeit für die Bürgerinnen und Bürger ist.

Nach Abschluss der Arbeiten in den Ausschüssen wird das schottische Parlament voraussichtlich Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres über den Gesetzentwurf von Liam McArthur abstimmen. Danach wird eine Einführungsphase folgen, ähnlich wie in anderen Ländern, die diese Entscheidung bereits getroffen haben.

Der Ausschuss führt derzeit eine Vernehmlassung durch, und Sie können Ihre Gedanken und Ansichten hier mitteilen. Sie können sich auch an der Kampagne von Friends at the End beteiligen oder spenden.

*Friends at the End (FATE) ist eine schottische Wohltätigkeitsorganisation, die das Wissen und das Verständnis für Entscheidungen am Lebensende fördert und sich für eine Gesetzesänderung einsetzt, um Sterbehilfe in Schottland und im gesamten Vereinigten Königreich zu ermöglichen.