FRANKREICH – Regierungswechsel könnte das Ende der Gesetzesvorlage zur «Aide à mourir» bedeuten

05. November 2025

Die politische Dauerkrise in Frankreich gefährdet erneut den Weg der Gesetzesvorlage zur ärztlich unterstützten Sterbehilfe («Aide à mouir»). Im Oktober hätte sich der französische Senat, das Oberhaus des französischen Parlaments, mit der am 27. Mai 2025 von der «Assemblée» (Unterhaus) in erster Lesung gutgeheissenen Gesetzesvorlage befassen sollen. Das Misstrauensvotum und der darauffolgende Rücktritt von Regierungschef François Bayrou sowie die Wirren um seinen Nachfolger Sébastien Lecornu, die Bildung einer neuen Regierung und die Behandlung des umstrittenen Haushalts haben die politischen Prioritäten erneut verschoben. Diverse Geschäfte, darunter die Behandlung der Gesetzesvorlage zur «Aide à mourir», wurden vorläufig aus der Agenda gestrichen, und der weitere Zeitplan ist ungewiss.

Bis zu den Präsidentschaftswahlen 2027 muss das Gesetz den gesamten Prozess durchlaufen haben und genehmigt sein. Ob das zu schaffen ist, wird immer unwahrscheinlicher, denn es gibt noch viele potenzielle Fallstricke. Die Vorlage könnte dereinst im Senat noch empfindliche Änderungen und Einschränkungen erfahren, die der Assemblée nicht gefallen, oder gar gänzlich blockiert werden. Für den Fall einer Blockade schloss Präsident Macron zudem eine Volksabstimmung nicht aus, was weitere Zeit im Anspruch nehmen würde.

Die Zeit dürfte also knapp werden. Bis auf weiteres können in Frankreich lebende Personen ihren Wunsch nach einer selbstbestimmten Lebensbeendigung nur mit Hilfe riskanter und/oder illegaler Methoden zuhause umsetzen oder sie wählen den langen und äusserst aufwändigen Weg ins Ausland, um legal und professionell unterstützt sterben zu können.

Lesen Sie dazu auch folgenden Beitrag vom August 2025: Trotz grünem Licht durch die Assemblée: die «Aide à mourir» bleibt ein politischer Spielball

Die Vorlage in Kürze
So wie es derzeit vorliegt, würde das vorgeschlagene Gesetz die Möglichkeit schaffen, auf ausdrücklichen Wunsch und unter streng definierten Voraussetzungen Zugang zu einer legalen, sicheren und professionellen Hilfe zur selbstbestimmten Beendigung des eigenen Leidens und Lebens zu erhalten.

Voraussetzungen für eine «Aide à mourir» wären im Wesentlichen nebst Volljährigkeit, Urteilsfähigkeit und französischer Staatsbürgerschaft resp. Wohnsitz in Frankreich das Vorliegen einer schweren, unheilbaren und fortgeschrittenen Krankheit, der feste und ausdrückliche Wunsch der Person, ihr Leiden und Leben zu beenden, sowie eine ärztliche Genehmigung. Personen mit einem rein psychischen Leiden sind ausgenommen.

Vorgesehen ist primär der ärztlich unterstützte assistierte Suizid, das heisst die Selbstverabreichung eines tödlichen Medikaments unter ärztlicher Aufsicht. In Ausnahmefällen, wenn die Person körperlich nicht dazu in der Lage ist, darf das Medikament von einem Arzt verabreicht werden.