DIGNITAS INTERN – Der Weg zu einer Freitodbegleitung beim Verein «DIGNITAS – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben» in der Schweiz

07. August 2024

Die Vorbereitung einer Freitodbegleitung (FTB) ist für alle Involvierten ein anspruchsvoller Prozess, insbesondere dann, wenn die sterbewillige Person nicht in der Schweiz wohnhaft ist.

Für eine FTB in der Schweiz müssen unter anderem folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Das Gesuch
Der Wunsch der Person nach einer FTB sowie dessen Motivation und Festigkeit müssen ausreichend dokumentiert sein. Für die Einleitung der Vorbereitungen benötigt DIGNITAS ein schriftliches Gesuch mit:

  1. einem persönlichen Schreiben, in welchem das Mitglied seinen Wunsch nach Freitodbegleitung klar begründet und DIGNITAS unmissverständlich auffordert, diese vorzubereiten;
  2. einem Lebensbericht, der auch über die familiäre Situation Auskunft gibt;
  3. aktuellen sowie älteren medizinischen Berichten mit substanziellen Informationen über Diagnose(n), (versuchte) Behandlungen und Massnahmen, Medikamente, Entwicklung der Krankheit, evtl. Prognose, usw.

Das Gesuch wird von DIGNITAS auf Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit geprüft. Je nach Krankheitsbild und Situation kann es sein, dass zusätzliche Dokumente nachgereicht werden müssen. Sämtliche Unterlagen, also auch die Arztberichte usw. müssen in Deutsch, Englisch, Französisch oder Italienisch verfasst sein. Andernfalls muss das Mitglied die Dokumente von einem zertifizierten Übersetzer übersetzen lassen.

Das «provisorische grüne Licht»
In der Schweiz können nur Ärzte mit einer Praxisbewilligung ein Rezept für das bei der FTB verwendete Medikament Natrium-Pentobarbital ausstellen. Sobald die Unterlagen vollständig sind, werden sie zusammen mit dem Gesuch an einen von DIGNITAS unabhängigen Schweizer Arzt zur eingehenden Prüfung weitergeleitet. Dieser entscheidet aufgrund der Akten, ob er grundsätzlich bereit wäre, für dieses DIGNITAS -Mitglied ein solches Rezept auszustellen. Ohne die ärztliche Zustimmung findet keine FTB statt. Stimmt der Arzt zu, spricht DIGNITAS vom «provisorischen grünen Licht». «Provisorisch», weil vor einem definitiven Entscheid mindestens zwei persönliche Arztgespräche stattfinden müssen. In komplexen Fällen werden die Unterlagen mehreren Ärzten zur Beurteilung unterbreitet.

Wichtig: Die Vorbereitungsphase bis und mit dem «provisorischen grünen Licht» nimmt erfahrungsgemäss viel Zeit in Anspruch; es muss mit mindestens drei Monaten gerechnet werden. Bei in der Schweiz wohnhaften Mitgliedern, deren behandelnder Arzt oder Hausarzt bereit ist ein Rezept auszustellen, ist diese Phase deutlich kürzer.

Die Vorbereitung der FTB
Entscheidet das Mitglied nach Erhalt des «provisorischen grünen Lichts», die FTB in Anspruch zu nehmen, nimmt es erneut Kontakt mit DIGNITAS auf. In dieser Phase sind viele Details zu besprechen, zu klären, zu entscheiden und zu organisieren, beispielsweise Ort und Datum der FTB, Einbezug von Familienangehörigen und Freunden, Anreise und Unterkunft.

Im Ausland wohnhafte Mitglieder müssen in dieser Phase diverse behördliche Urkunden einreichen, beispielsweise eine neu vom Geburtsort ausgestellte Geburtsurkunde und einen Wohnsitznachweis, die, je nach Land, übersetzt und mit einer Apostille, also mit einer zusätzlichen Beglaubigung der entsprechenden Urkunde(n), versehen sein müssen. Ist jemand geschieden oder verwitwet, werden das Scheidungsurteil oder die Todesurkunde des ehemaligen Partners benötigt. Da sich die Dokumente je nach Herkunftsland und Zivilstand unterscheiden, berät DIGNITAS das Mitglied entsprechend. Die Dokumente sind unerlässlich, damit das zuständige schweizerische Zivilstandsamt nach der FTB den Todesfall registrieren und eine international gültige Todesurkunde ausstellen kann. Zu beachten gilt auch, dass viele der erforderlichen Urkunden am Tage der FTB nicht älter als 6 Monate sein dürfen.

In dieser Phase muss auch das «Danach» besprochen und vorbereitet werden. Dazu gehören beispielsweise Anweisungen zu Einäscherung und Versand oder Abholung der Urne oder zur Überführung des Körpers ins Ausland sowie besondere letzte Wünsche.

Die Freitodbegleitung
Das «provisorische grüne Licht» ist Voraussetzung für die Vorbereitung und Durchführung einer FTB, jedoch keine Garantie. Der Gesundheitszustand des Mitglieds kann sich im Laufe der Vorbereitungen verändern, es können Zweifel an der Festigkeit des Sterbewunsches aufkommen oder sich eine Urteilsunfähigkeit entwickeln. Daher erfolgen in den Tagen vor der FTB mindestens zwei persönliche Gespräche mit dem Arzt, der das «provisorische grüne Licht» erteilt hat. Auch die Mitarbeitenden von DIGNITAS prüfen im Verlaufe der Vorbereitungen mehrmals die Voraussetzungen und können im Zweifelsfall – genauso wie das Mitglied selbst – die FTB auch noch im letzten Moment ablehnen.

Nur wenn alle Voraussetzungen für eine legale und sichere Suizidhilfe erfüllt sind, stellt der Schweizer Arzt nach den beiden Konsultationen das Rezept aus, welches DIGNITAS erlaubt, am vereinbarten Tag das für die FTB benötigte Medikament Natrium-Pentobarbital zu besorgen, damit das Mitglied sein Leben selbstbestimmt, sicher und professionell begleitet von zwei DIGNITAS-Mitarbeitenden und im Beisein von Angehörigen und Freunden beenden kann. FTB von Mitgliedern, die nicht in der Schweiz wohnhaft sind, finden in aller Regel in den eigens dafür eingerichteten Räumlichkeiten von DIGNITAS statt, bei in der Schweiz wohnhaften Mitgliedern bei ihnen zuhause.

Ausführliche Informationen finden Sie in unserer Informations-Broschüre.

Häufig gefragt: Was wenn ich an einer psychischen Erkrankung leide?
Menschen mit einer psychischen Erkrankung haben grundsätzlich die gleiche Möglichkeit wie Menschen mit einer körperlichen Erkrankung, eine FTB zu beantragen, sofern sie all jene Voraussetzungen erfüllen, die auch für diese gelten. Als besondere Voraussetzung müssen sie zusätzlich ein vertieftes psychiatrisches Fachgutachten erbringen, welches bestätigt, dass der Sterbewunsch nicht Ausdruck einer therapierbaren psychischen Störung (z.B. einer akuten Lebenskrise oder einer vorübergehenden Depression) ist, sondern die selbstbestimmte, wohlerwogene und dauerhafte Entscheidung einer urteilsfähigen Person aufgrund einer schweren, langjährigen psychischen Krankheit.