PORTUGAL – Gesetz zur Sterbehilfe harrt der Implementierung

20. Mai 2025

Gastbeitrag von Gilberto Couto, MD*

Die Debatte über die ärztlich unterstützte Sterbehilfe («morte medicamente assistida», MMA) in Portugal wurde vor etwa zehn Jahren wiederbelebt, als 2015 eine Bürgerbewegung für die Entkriminalisierung der MMA entstanden war und daraufhin ein öffentliches Manifest und eine Petition an das Parlament («Assembleia da República») folgten.

Nach der Parlamentsdebatte über die Petition legten mehrere Parteien Gesetzesentwürfe vor. Die erste Abstimmung darüber im Parlament fand 2018 statt, und die Gesetzentwürfe wurden mit nur fünf Stimmen Differenz abgelehnt. Es folgten weitere Vorschläge von fünf Parteien, welche dem Parlament im Jahr 2020 vorgelegt und diesmal von einer Mehrheit von 128 der 230 Abgeordneten angenommen wurden. Die Zusammenführung dieser Vorschläge zu einem einzigen im Januar 2021 führte zu dessen Annahme durch 136 Abgeordnete: Zum ersten Mal in der portugiesischen Geschichte gab es ein Dekret zugunsten von MMA (Dekret 109/XIV).

Die Parteien, die das Gesetz befürworteten, waren grösstenteils politisch links (eine Ausnahme war die Kommunistische Partei), und einige Rechtsliberale schlossen sich an. Das Dekret folgte im Wesentlichen dem niederländischen Sterbehilfegesetz, schloss jedoch die Möglichkeit von MMA für Minderjährige unter 18 Jahren und für Personen mit einer psychischen Erkrankung aus.

Vetos des Präsidenten und weitere Hürden
Das Dekret wurde dem als Gegner der Entkriminalisierung von MMA bekannten Präsidenten der Republik vorgelegt, der dieses im März 2021 zur Vorprüfung an das Verfassungsgericht («Tribunal Constitutional») schickte. Um es kurz zu machen: Zwischen 2021 und 2023 stimmte das Parlament dem MMA-Gesetz fünfmal zu, der Präsident stellte sich jedes Mal dagegen: mit zwei Vetos wegen Verfassungswidrigkeit, einem politischen Veto und der endgültigen Übertragung an das Parlament. Im Mai 2023 schliesslich, als die Vetomöglichkeiten ausgeschöpft waren, erliess der Präsident das Gesetz zur Entkriminalisierung von MMA mit der Bezeichnung «Gesetz 22/2023 vom 25. Mai».

Zu diesem Zeitpunkt sah das Gesetz im Gegensatz zu früheren Fassungen vor, dass direkte aktive Sterbehilfe nur dann geleistet werden darf, wenn der Patient nicht zu einem «ärztlich assistierten Suizid» in der Lage ist; mit anderen Worten wurde die Selbstverabreichung des Medikaments durch den Patienten bei MMA als Norm betrachtet und die Verabreichung des Medikaments durch den Arzt als Ausnahme, die nur in bestimmten Situationen möglich ist.

Im Laufe der Jahre hat die Debatte dazu geführt, dass immer mehr Menschen eine Patientenverfügung verfasst haben (diese ist bereits seit 2012 legal) und dass ein Gesetz verabschiedet wurde, das die Anwendung einer palliativen Sedierung im Endstadium einer Krankheit erleichtert. Eine Volksinitiative für ein Referendum über das Gesetz wurde jedoch im Plenum des Parlaments abgelehnt.

Gegenwärtige Lage und Ausblick
Das Gesetz hätte nach seiner Verabschiedung und vor seinem Inkrafttreten geregelt, das heisst die Ausführungsbestimmungen festgelegt, werden müssen, was jedoch nicht geschehen ist. Die politische Instabilität, die auf die Verabschiedung des Gesetzes folgte, mit dem Sturz zweier Regierungen im November 2023 und im März 2025, hat die Angelegenheit noch weiter verzögert, was durch den Wechsel von einer linken zu einer rechten Regierung, die das Gesetz nicht in Kraft setzen wollte, noch verschlimmert wurde. Die neue Regierung sagte, sie wolle auf die Ergebnisse des Antrags auf nachträgliche Überprüfung des Gesetzes durch das Verfassungsgericht warten, welcher nach der Verabschiedung des Gesetzes von einer Gruppe konservativer Abgeordneter und von der «Provedoria de Justiça» gestellt wurde.

Diese Entscheidung des Verfassungsgerichts erging am 22. April 2025. Das Gericht anerkennt erneut, dass es nicht verfassungswidrig ist, ein MMA-Gesetz zu erlassen, und hält lediglich drei Artikel für verfassungswidrig. Diese beziehen sich hauptsächlich auf Verfahrensfragen, ohne dabei die grundlegenden Bestimmungen des Gesetzes zu beeinträchtigen. Dies könnte nach Ansicht einiger Verfassungsrechtler lediglich eine rein formale Korrektur des Gesetzes erfordern.

Am 18. Mai 2025 wurde das Parlament neu gewählt, und es ist ungewiss, ob es eine Mehrheit geben wird, die in der Lage ist, die Korrektur und die Ausführungsbestimmungen des «Gesetzes 22/2023 vom 25. Mai» voranzutreiben. Die Implementierung kann noch Rückschläge erleiden, was nicht nur von der Mehrheit im Parlament abhängt, sondern auch von der Art und Weise, wie sie von der Regierung vorgelegt wird und ob sie erneut von der vom Präsidenten und vom Verfassungsgericht beurteilt werden muss.

Immerhin: Nach zehn Jahren Kampf wurde ein Gesetz zur Entkriminalisierung von MMA erreicht. Zwar in einer eingeschränkteren Form als erwartet, aber dennoch stellt dies einen wichtigen Erfolg für unsere Demokratie dar. Das Gesetz muss nun in die Praxis umgesetzt werden. Wir sind auf dem richtigen Weg, das Ziel jedoch scheint leider noch in weiter Ferne.

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*Gilberto Couto, MD, hat einen Hochschulabschluss in Medizin und Philosophie; er ist Mitglied der Comissão Coordenadora do Movimento «Direito a Morrer com Dignidade» Portugal.