BRITISCHE INSELN: Auf dem Weg zu Sterbehilfegesetzen
26. November 2024
Gastbeitrag von Trevor Moore*
In einem Jahr hat sich viel verändert. Letztes Jahr habe ich berichtet, dass England und Wales bei der Einführung eines Gesetzes zur Sterbehilfe anderen Teilen der Britischen Inseln hinterherhinken und dass die Isle of Man, Jersey und Schottland allesamt auf dem Weg zur Einführung von Gesetzen sind, möglicherweise bis zum Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres.
Isle of Man, Jersey und Schottland
Zum jetzigen Zeitpunkt sieht es so aus, als ob die Isle of Man als erstes dieser drei Gebiete das Gesetzgebungsverfahren bis etwa Juni 2025 abschliessen wird. In Schottland wird die erste Abstimmung über den Gesetzesentwurf nicht vor Ostern 2025 stattfinden, und auf Jersey hat sich das Verfahren aufgrund weiterer Überprüfungsarbeiten in die Länge gezogen.
Derzeit sind folgende Kriterien für den Zugang zu einer ärztlich unterstützten Sterbehilfe vorgesehen:
– Isle of Man: unheilbar kranke Personen mit einer Lebenserwartung von maximal zwölf Monaten
– Jersey: unheilbar kranke Personen mit einer Lebenserwartung von maximal sechs Monaten (zwölf Monate bei Personen mit einer neurodegenerativen Erkrankung)
– Schottland: unheilbar kranke Personen; hier gibt es keine Vorgaben bezüglich der Lebenserwartung
Der zeitliche Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens ist bei allen dreien noch ebenso unklar wie die Frage, ob die oben genannten derzeitigen Kriterien bei der Behandlung im jeweiligen Parlament noch geändert werden.
England und Wales
Im Februar 2024 berichtete der Ausschuss für Gesundheit und Soziales über seine bereits im letztjährigen Artikel erwähnte «Assisted Dying Inquiry» (Vernehmlassung zur Sterbehilfe). Der Bericht enthielt keine Empfehlungen, sondern schriftliche und mündliche Stellungnahmen von britischen Right-to-die-Organisationen und mehreren internationalen Experten und Praktikern. Angesichts des lauten Widerstands der Palliativpflege gegen die Sterbehilfe war folgende Aussage in den Schlussfolgerungen bemerkenswert:
«In den uns vorgelegten Materialien fanden wir keine Anzeichen dafür, dass sich die Qualität oder das Angebot der Palliative Care und Betreuung am Lebensende nach der Legalisierung von Sterbehilfe verschlechtert hätte; tatsächlich wurde die Einführung [der Sterbehilfe] von mehreren Ländern mit einer Verbesserung der Palliativversorgung verbunden.»
Die unerwarteten Parlamentswahlen im Juli 2024 boten Gelegenheit, das Einbringen von Gesetzesvorschlägen zu beschleunigen: Die Abgeordneten im neuen Parlament konnten ihren Namen in die Auslosung einer so genannten «Private Member’s Bill» (von einem Parlamentsmitglied eingebrachter Gesetzesvorschlag) einbringen. Erfreulicherweise wurde die Abgeordnete Kim Leadbeater als Erste ausgelost, und sie entschied sich, einen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe einzubringen – den «Terminally Ill Adults (End of Life) Bill».
Wie der Name des Gesetzesentwurfs andeutet, wird der Zugang zu Sterbehilfe auf unheilbar kranke Personen beschränkt, d.h. auf solche, bei denen eine Krankheit diagnostiziert wurde, die unweigerlich zu einem frühen Tod führt. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels** ist noch nicht bekannt, ob es eine Voraussetzung bezüglich der restlichen zu erwartenden Lebenszeit geben wird, wie z. B. sechs oder zwölf Monate. Wie auch immer die Regelung ausfallen wird, sie wird enger sein als das, was «My Death, My Decision» in ihrer Kampagne fordert, nämlich einen Zugang zu Sterbehilfe für diejenigen Personen, die unerträglich unter unheilbaren Krankheiten wie Parkinson oder Multipler Sklerose leiden, jedoch nicht unbedingt terminal krank sind.
Der neue Premierminister, Sir Keir Starmer, hat in einem Radiointerview seine persönliche Unterstützung für die Zulassung von Sterbehilfe bekundet. Auch bekannte Persönlichkeiten wie die Journalistin und Aktivistin Dame Esther Rantzen, die hierzulande als «nationaler Kulturschatz» gilt, und viele andere haben sich in den Medien dafür ausgesprochen. Jede Abstimmung zu diesem Thema wird jedoch eine freie, nicht fraktionsgebundene Abstimmung sein, d.h., es wird sich aus der Parteizugehörigkeit nicht ableiten lassen, wie einzelne Abgeordnete stimmen werden.
Eine entscheidende Etappe auf dem Weg vom Gesetzesentwurf zum Gesetz ist die so genannte zweite Lesung im Unterhaus am 29. November 2024. Angesichts mehrerer hundert neuer Abgeordneter kann niemand abschätzen, wie diese Abstimmung verlaufen wird. Sollte der Gesetzentwurf abgelehnt werden, sind die Chancen für ein Sterbehilfegesetz für England und Wales für viele Jahre dahin.
Nordirland
Derzeit verfügt Nordirland über eine eigene Gesetzgebungsbefugnis für die Sterbehilfe. Die politischen Gründe, warum sich dies ändern könnte, sind zu komplex, um sie hier darzustellen. My Death, My Decision hat jetzt zwar eine Gruppe in Nordirland, die sich für einen Bürgerkonvent zur Sterbehilfe einsetzt, doch ein Gesetz ist noch in weiter Ferne. Sollte die Republik Irland jedoch ein Sterbehilfegesetz einführen (dieses befindet sich noch in der Anfangsphase), hätten in Nordirland lebende Personen die Möglichkeit dorthin zu reisen, um Sterbehilfe zu beantragen, da es zwischen Irland und Nordirland entsprechende rechtliche Protokolle gibt.
*Trevor Moore ist Vorsitzender von «My Death, My Decision», einer Organisation, die sich dafür einsetzt, dass in England und Wales Menschen, die unheilbar krank sind oder unerträglich leiden, Zugang zu einer legalen, sicheren und einfühlsamen Sterbehilfe haben.
**Der Gastbeitrag wurde Mitte Oktober 2024 verfasst; in der Zwischenzeit wurde der Gesetzesvorschlag («Terminally Ill Adults (End of Life) Bill») veröffentlicht; er sieht vor, dass nur Personen mit einer geschätzten Lebenserwartung von maximal sechs Monaten Zugang zu Sterbehilfe gewährt werden soll.