Zitat des Monats
Juli 2022
«Muss wirklich jeder Sterbewillige beim Psychiater auf die Couch, bevor ihm Sterbehilfe gewährt wird? Der Entschluss zum Suizid ist trotz aller äußeren Anlässe ein komplexer innerer Vorgang, den man nicht unbedingt offenlegen möchte.
Vielleicht handelt es sich auch um Probleme in einer Liebesbeziehung, die man ebenfalls nicht offenlegen möchte, noch nicht einmal der geliebten Person. Diese persönliche Sphäre zu achten, gehört ebenfalls zur Würde des Menschen. Nicht jeder kennt einen Arzt, mit dem er so vertraut ist, dass er sich ihm gerne öffnet. Schließlich ist das Problem zu lösen, dass der Arzt sich aus weltanschaulichen oder religiösen Gründen weigert, das Rezept für ein todbringendes Medikament auszustellen, oder der Apotheker, das Medikament auszuliefern.
Muss der zum Tod Entschlossene dann wirklich auf verschlungenen Wegen ein exotisches Gift besorgen wie Mynheer Peeperkorn im "Zauberberg"? Sicherlich: Aufklärung tut not und der Schutz vor übereilten Schritten. Aber wenn das unberührt bleibt, dann muss ein Anspruch auf Hilfe zu einem schmerz- und konfliktfreien Tod bestehen, der nicht in das Ermessen eines "Beraters" gestellt ist.»
Dr. Harald Kallmeyer
in: «Cicero - Magazin für politische Kultur», Ausgabe 30.6.2022
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